Leicht wallt Gewölke vor dem Mond hin, weißen Atem haucht die Nacht aus, leise flüstern die Blätter dem Wind nach, die Seele tritt aus ihrem dunklen Bild heraus. Frage ist auf Frage Antwort nur, schied die letzte, zittert noch der Mund, stößt die Seele jäh auf den verborgnen Grund, nächtens weckt die Mutter auf ihr Kind. (Sommer 1914) VORÜBERGANG O Baum, der in der Sonne knospt, mit Regen kommt der Abend an, vor Augen, wie dem Blick entbricht das Licht, so lischt die Sonne aus. Von vieler Tage Angesicht wo ist der letzte Schimmer hin? Steht keiner vor und hinter dir? Was starrt die stumme Knospe dort! Ertrinkst du oder tauchst du auf? Vorm Fenster wie die Welt verblaßt, vom Erdreich schwimmt das grüne Gras, der letzte Mensch ging schon nach Haus. Ist keiner vor und hinter mir? Wie fällt mich heut das Dunkel an! Was drängt mich und entseelt den Sinn, was nahm der Herr mir heute fort? Was nahm nun deine Hand mir fort? Reichst du’s dem Bruder meiner Hand? Stumm stehn die Knospen im Geäst, denn der es gibt, er nimmt das Wort. (4.4.1915) KALVARIA Nun kommt Mensch zu Mensch: Adam, ich trage dein Gesicht; als fürchte er die Rede, so er spricht: kennst du mich nicht? Ja ohne Namen schwer ist mein Bericht, das Haus ist leer, die Brüder sind zerstreut, der Vater ist gegangen in die Ewigkeit, und als er ging, ging jede Seele mit. Sag, hörst du meine Stimme nicht? Nun fällt uns zu, was uns verdarb im Vater, als der Sohn ihm starb, nun wird gebunden in die Garb der Menschheit Mensch zu Mensch. Und sagt, das Haus ist leer; wo Klee und Gras wie eine Mauer steht, des Sommers Sichel in die Ernte geht, die Mauer fällt, die Erde trägt die Last und fühlt den Schnitt. Die Brüder sind zerstreut; kein Arm reicht keiner Hand mehr Brot, kein Mund hat mehr des andern liebe Not. Du siehst doch, meine Lippe spricht? Der Vater ist gegangen in die Ewigkeit; die Erde gibt uns weiter keinen Raum, die Sonne fraß den Schatten unterm Baum, o Adam, Bruder, Erde dein Gericht. Wie Räder ihre Speichen drehn, der Kranz kommt stets dem Rad zuvor, die Söhne fallen vor dem Vater her, die Mutter in der Mitte bleibt zurück, und was geschah, geschah vor unserm Blick, die Welt hat keinen Mittler mehr, kein Fuß an seiner Stätte schwer will haften und muß ruhlos weiter mit. Das letzte, was ich weiß, vernimm das Wort: das Haus ist leer, die Brüder sind zerstreut, der Vater ist gegangen in die Ewigkeit, dem Vater ging der Sohn voraus an jenen Ort, die Mutter trägt allein das Leiden fort. (20./31.8.1914) BESTOCKUNG Trüber Tag mit lauem Schein sommert ob der Flur, träger Sinne stumpfe Pein wacht im Blute nur. Eitel ging die Stunde fort, kommt sie voll zurück? Wechseln magst du wohl den Ort, ob auch dein Geschick? Regen hängt, nicht fallen mag, Donner weilen lahm, schattend, wo noch Lichtung lag, Tiefen meinem Gram. Erde, wo ich weilen kann, ist mir satt verdeckt, fliehend halten mich im Bann Wege nackt gestreckt. Kraft mir, die im Blute sproß, daß sie haften blieb; braucht der Baum das Wasserschoß, auch den geilen Trieb! Bitter grünen Klee und Ried, bis der Quell entbricht einer Träne unterm Lid: Ernte siehst du nicht.
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