Konradin von Hohenstaufen Der junge Friedrich Herzog von Österreich, Markgraf von Baden Der junge Konrad von Limpurg, aus dem Geschlecht der Reichsschenken Der junge Eisoldsried, ein bayerischer Edler Der alte Volkmar von Kemnaten Herzog Ludwig II. der Strenge von Bayern Königin Elisabeth, Konradins Mutter, Schwester Herzog Ludwigs Graf Meinhard von Görz und Tirol, zweiter Gemahl Elisabeths Der Tannhäuser, am Hofe des Herzogs Ludwig Eberhard Truchseß von Waldburg, Bischof von Konstanz Berthold von Falkenstein, Abt von St. Gallen Friedrich III. von Hohenzollern, Burggraf von Nürnberg Rudolf von Hamburg Ulrich I. von Wirtemberg Heinrich Prinz von Kastilien Guido von Montefeltro Konrad Capece, Kämmerer Konradins in Sizilien Graf Galvano Lancia Der junge Galeotto Lancia Graf Gerhard von Donoratico Guido Novello, Haupt der tuscischen Ghibellinen Konrad von Antiochien Papst Klemens IV. Karl von Anjou, König von Neapel und Sizilien Robert von Bari Der Marschall von Braiselve Der Allfahrende Die Blinde Der Sprecher des Sinnspiels Ein Bettelmönch Ein weiterer Bettelmönch Ein Sarazene Ein Bote, eine Magd, ein französischer Ritter, Jäger, Wächter, Römer, Volk von Neapel, Bewaffnete Die stummen Figuren des Sinnspiels ERSTE HANDLUNG Gegend an einem deutschen Waldrand; der Wald ist links und bis in den Hintergrund Zeit: Frühjahr 1266 Erster Auftritt Jagdhörner; der junge Friedrich von Österreich allein Österreich Offne Zeiten, frühes Jahr! Will mein armes Herz im weiten Felde reiten oder streiten, singen und dann immerdar Liebe leiden wie ein Mann! Wann wird all der Winter gar? Vogel, wann? Sprich, du lieber Augenblick! Will mit wonniglichen Schatten Selbst die Sonne sich ermatten, Schenke, Morgen, mir ein Stück heut schon, daß ich leben kann! Streit und Liebe geben Glück? Vogel, wann? Morgen dann! Stirb du, so der Jäger spricht, Hinde, du ein Tier von vielen! Also muß ich weiter zielen, fröhlich sein und bin es nicht. Jäger in dem großen Bann, jage, Jäger, frage nicht! Vogel, wann? Morgen dann! Immer wann? Aus dem Walde stürmen, gefolgt von dem alten Volkmar von Kemnaten, und rufen als Echo Der junge Konrad von Limpurg Vogel, wann? Der junge Eisoldsried Morgen dann! Konradin mit dem Falken auf der Faust Immer wann? Österreich Daß ihr die Dreizahl von euch nähmt und schweigt, und jeder nur sich selbst behorcht! Dann gilt das Echo auch nicht besser, als ich sang. Denn jeder ist doch nur vom andren laut! Der alte Kemnaten Da, junger Eisoldsried und Knabe Limpurg, hört ihr vom Wald des Unmuts laut und anders, als euer Übermut hineingerufen! Das junge Herz allein ist mißvergnügt, es braucht die Mehrzahl, Mehrzahl hetzt den Sinn zur Jagd … Konradin Du mißvergnügt? Österreich Dich nehm ich aus, mein Konradin, vom Echo schlechter Laune. Limpurg Ihn nimmt er aus! Eisoldsried Doch unsrem Ohr gilt alles! So hilf mir, Knabe Limpurg, mich verdrießen, dieweil dein Friedrich spricht mit Konradin! Österreich O wie du blühend warst, doch steinern tot! Und da ich immer wie ein Trunkner rief, war auch all Echo unbewegt und tot, so hab ich diese Nacht von uns geträumt. Ich rief und war doch ganz von Herzen stumm. Konradin Geträumt? Oh, was des Traumes Inhalt ist … Limpurg Von uns? Eisoldsried Von euch? Österreich Von allen lieber nicht! Genügsam sei die Zeit mit wenig Tod und gebe Streit und Liebe dafür allen! Doch seltsam trifft die Sonne heut mein Herz. Konradin Oh, was der Inhalt deines Traumes ist? Von allen, Freunde, und dir, Friedrich, Freund, ein Träumen schweren Inhalts träumt ich selbst, doch glaub ich fast, daß es allein mich traf. Eisoldsried Von allen, also Kampf? Limpurg Ein fernes Land? Österreich Daß es allein dich traf? Konradin Ein Traum von Liebe. Eisoldsried O himmlisch Mißvergnügen, Traum zu sein … Limpurg den man nicht wecken darf, damit er lebt, und lebt er nicht mehr, der doch Worte hat, noch Traum zu sein, den man umsonst erzählt. Österreich Oft ist ein Traum, wie wenn ein Vogel schreit. Konradin Nein, spottet nicht! Mir floß das ganze Herz, und (zu Österreich) Mißvergnügen nicht, nein, Trauer fast, wenn sie, mein Friedrich, Herz und Wort dir färben, von Trauer bin ich sonderbar bewegt. Eisoldsried Ihr beide seid bewegt, ihr träumt bewegt. Erzählt! Limpurg Und laßt den Tränen heitren Lauf vor unsrem Ohr vom Traum! So läuft ein Bach am Waldrand hin, er geht fast, daß er weint, doch macht er uns, derweil wir horchend stehn, das Wesen still und macht ein trocknes Herz, und milde Sonne trinkt die Schatten weg. Erzählt! Eisoldsried Erzählt! Konradin Nicht daß ich selber weinte. Doch junges Jahr scheint oft wie überflossen von einem Glück gleich Gram und will sich tränken mit Überfluß, daß gleichwie mit Ertrinken in sich dahin ein Bild sich sehend mündet, ein Bild, als sei die Welt darin verloren, und über allem Schönen muß man weinen. Österreich So fällt nun Regen bald auf junges Laub und trinkt der Frühling sich ein volles Herz. Gib, Konradin, uns deiner Liebe Bild, wie es dich traf, da du schon wie verloren ganz in dies Bild dahin dein Wesen gießest. Noch will die Sonne kaum die Knospen ründen, Sprich aus, was dieser Frühling will … Konradin Nein, du, du, Friedrich, geh den ersten Weg des Traumes! Denn wohl, so fürcht ich, wollt ihr schwer mehr gehen, wie wenn ein Regen, der die Feldung netzte und dann zu viel tut und ist nur noch Regen, den Weg bedeckt, so ich zuerst erzähle. Mir fließt vor Augen leis ein Blut in Lüften. Limpurg Uns nicht! Der Frühling hat ein kaltes Herz, und erste Regen müssen zornig sprühen, da horcht man gern, und weiß zwar nichts zu horchen, und läßt sich doch vom kalten Traum berühren.
Friedrich, erzähle! Eisoldsried Laß den Traum erwachen! Österreich Ich also! Doch ein wenig ungereimt scheint plötzlich, daß ich auch den Falken sah im Traum, er paßte doch zum Spiele nicht, doch sah ich ihn auf deiner Faust wie jetzt, nur nah und steil bei deinem Angesicht. Den Falken wenn ich seh, wächst neu der Traum, und alles Feld, vom Falken weit, wird blumig. Konradin Mein eignes Auge hebt sich blühend mit, daß es den Bach vergißt, wo Traum ich trank, ja, hohenstaufisch ist die Falknerei. Österreich Sei langsam froh, mein Freund! Ich bin nur halb, indem ich es besinne, wieder froh, was ich geträumt. Da war viel Heimat, viel uns liebes Land – doch, was ihr horcht und schaut, daß ich es sag, ich landlos Heimatloser, der ich doch bin, was mag ich vor euch sprechen, mir ist all Land und Heimat ohne Bild, nur Wort im Traum, der schwer mit mir erwacht und stößt mich aus … Konradin Und doch bist du bei uns! Und jeder von uns ist des andren Heimat. Eisoldsried So blick dich schnell noch um! Limpurg Und Heimat lächelt. Österreich Zwar trocken war mein Traum, kein Wasser floß, da war ein Hügel, und ihr schient recht jung. Eisoldsried Hört, jung, und er, der seine Rede tut, ihm rauscht ein Silberbart von alter Sonne. Der alte Kemnaten Rauscht euch die Zunge wie im jungen Gras die Sense, so ist doch der Frühling noch recht bartlos jung und reicht noch kaum zum Mähen. Konradin Daß er die Füllen in die Zügel schirrt, das ist Kemnatens Amt. Doch, Freunde, höret! Österreich Wie Knaben wart ihr, Purzelbäume schlugt ihr wacker, und der Hügel war recht steil, Sehr hurtig gings hinab, mir scheint, ich war dabei, und schneller gings hinab, als man erzählt, und Sinn und Wille ging uns aus. O Knaben ihr, ich sah die Glieder schlagen, als ob ein Rad sich rollend selbst zerstört, und wußte nicht mehr, wo ich war und ihr. Doch plötzlich lag die Sonne überm Hang so schräg und still, wie selbst wir alle lagen, und waren nicht hinabgerollt und lagen, zwar regellos und doch wie hingelegt ein Stein jetzt da und dort, ein gleicher Stein, als wären Steine dies so Grab für Grab, und ich sah auf und war doch selbst ein Stein, gleich allen ausgereckt, und sah mich selbst, und sah, voll Blumen war der ganze Hang und da und dort ein Stein von unsrem Bild. Und ob auch Regung durch die Blumen ging, war schwer auf mir die Zeit, ich atmet nicht, doch war ein Nachklang in der Abendluft: ,Genügsam sei die Zeit mit wenig Tod!‘ Obs rief mit einem Hauch, ob nur vom Tod, da ich nicht Atem zog, ich weiß es nicht, nur daß es rief: ‚Genügsam sei die Zeit!‘ Und kaum, daß ich die Steine schrecklich sah, rief ich mit Namen euch und war wie trunken und fühlte doch den eignen Atem nicht, da sah ich dich von Stein, mein Konradin, und sah den Falken steil bei deinem Haupt, ja beides nah sich zugetan im Stein.
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