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Die geflügelte Erde – Max Dauthendey

Ich tat den Weg um die Erde wagen, Ging Tagen entgegen, die mich weit von der Geliebten getragen, Wanderte einsam in der Sehnsucht Gehegen, Auf Wegen, die über Meere kamen. Sieben Meere nahmen mich mit. Und Schritt um Schritt, auf jeder Welle, in jedem Meer, Die helle Sehnsucht mir die Brust zerschnitt. Ich sah des Orients kindliche Pracht und Behagen, Des Okzidents strebendes Wagen und Allmacht. Ich ging den reich lebenden Weg, wie über einen bebenden Steg, Wie durch einen bunten Schacht, Als sei ich drunten unter der Erde, Wo sich Nacht reiht an Nacht Mit der Verlassenheit tödlicher Gebärde. So wie ein Herz geht und eilt Und doch weilt und immer auf einer Stelle steht, So wanderte ich wohl früh und spät; Und als einzige Helle, die in die Herzzelle fällt, Sah ich im dunkeln Getriebe, Als Anfang und Ausgang in dieser Welt, Der Geliebten Liebe. Meer, Feuer, Erde, Wolken Und wollt ihr die wandernden Bilder und Gesten und Schauer fassen, Die an mir vorübergezogen auf Meeren, Gebirgen und Menschengassen, Müßt ihr mir willig folgen, Auf nie müden Füßen der Worte kann ich euch wandern lassen. Rastlos arbeitet das Meer, wo Welle an Welle sich heftet, Wo des Himmels sich türmende Helle und Wolken sind wetterschwer, Wo dick das »Ohn Ende«entkräftet. Rastlos schreitet Endloses dort die Kreuz und die Quer, Die Wasser ziehen hinaus, wie Wandrer von Schwelle zu Schwelle, Und keiner kommt jemals nach Haus. In erster Nacht fühlt’ ich die Luft, wie gekocht im Topf, an den Feuer pocht, Und ein Berg, wie von Drachen umlagert, mit spuckendem Rachen, Saß vor mir, ins Dunkel geduckt, und war, wie die Brust meiner Liebsten, Von lockender Schwüle umzuckt. Es war der Vulkan, der Stromboli heißt, Und den das Mittelmeer lüstern umkreist, Wie Eva im Paradies einst den Baum, den heimlich die Schlange preist. Wer einmal das Feuer der Erde einatmet und solches Feuers Geruch, Dem blättert das Herz im Leib, wie in einem von der Wollust redenden Buch; Der ist bis ans Tor des alten Erdgartens gegangen, Wo die Vögel noch lachend im Maule der Löwen sangen. Man sah nur den Rücken des Berges über dem Meere hangen, Unten waren die Wände von Nachtwolken dunkel umfangen, Die warfen Blitze, wie Schwerter, umher, und die Luft war voll Bangen, Als ob im Meer Feuer und Erde nach Atem rangen. »Die Liebste allein macht uns warm wie der Urgrund der Erde,« Sagten die Wolken mit brennendem Mund Und winkten rot aus dem Dunkel des Schiffes schäumender Fährte. Des Schiffes Räume Des Schiffes Räume waren erleuchtete Säle, die über die Meeröde fahren, Mit Treppen und Galerien voll Palmen und grünenden Pflanzen, Voll Damen in glitzernden Kleidern und fließenden Schleppen, Die, wie Bilder lächelnd in goldenen Rahmen, vom Erdteil Europa kamen Und plaudernd und fächelnd zum Erdteil Afrika tanzen. Im endlosen Wasserschwall, im öden Windhall und Tosen, Bei Meerlärm und Meereskälte die Lieb’, auch hier, ihr feurig Blitzespiel trieb. Doch ich, der ich mich voll Härte von meiner Geliebten verstieß und mich um die Erde gehen hieß, Um breit Weisheit zu sammeln, konnt’ kaum meine Sprache noch stammeln, Denn die Sehnsucht trug ich wie Ketten, an denen ich zerrte. Sieben Meere Ich kam vom Main aus Deutschland her, wollt’ übers feurige Mittelmeer, Das Rote Meer, das Indische, Bengalische, Chinesische und übern Stillen Ozean Und den Atlant, — dann käm’ ich bei der Liebsten an. Dann leg’ ich ihr zu Füßen hin, was ihr Begehr und unbekannt, Und freu’ mich, wenn, vom fernsten Land, das Leben in der Liebsten Hand Zum Tand wird, und wie goldner Sand ihr durch des Daseins Stundenglas Das Unfaßbare spielend rinnt, das hinter den Meeren verborgen sinnt. Ich kam aus Deutschland, über Paris, und schnell nach Marseille, Fand ein englisches Schiff, das dastand, eben angekommen, das hab’ ich genommen. Der Schiffsbord, voll Leute bis an den Rand, mit manchem Lord, kam von Engeland, Von London, mit englischem Ton, und englischen Sitten, und meine Sehnsucht ging unter den Briten umher Als blinder Passagier mitten auf hohem Meer.

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