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Das Eismeer – Wilkie Collins

D Kapitel Eins as Datum ist ungefähr zwanzig bis dreißig Jahre vor unserer Zeit. Der Ort ist ein englischer Seehafen. Die Tageszeit ist der Abend. Und die Beschäftigung des Augenblicks ist – tanzen. Der Bürgermeister und der Stadtrat der Stadt geben einen prächtigen Ball, zur Feier der Abreise einer arktischen Expedition von ihrem Hafen aus. Die Schiffe der Expedition sind zwei an der Zahl – die Wanderer und die Seemöwe. Sie sollen am nächsten Tag absegeln (auf die Suche nach der Nord-West-Passage), mit der Morgenflut. Hochachtung für den Bürgermeister und den Stadtrat! Es ist ein prächtiger Ball. Die Musikkapelle ist vollzählig. Der Raum ist weitläufig. Der große Wintergarten, der sich daraus auftut, ist angenehm beleuchtet mit chinesischen Laternen, und wunderschön geschmückt mit Sträuchern und Blumen. Alle Offiziere der Armee und der Marine, die anwesend sind, tragen zu Ehren des Anlasses ihre Uniformen. Bei den Ladies ist der Aufwand der Kleider (ein Thema, das die Männer nicht verstehen) verblüffend – und der Durchschnitt der Schönheit (ein Thema, das die Männer verstehen) ist der höchste erreichbare Durchschnitt, überall im Raum. Momentan ist der fortschreitende Tanz eine Quadrille. Die allgemeine Verehrung wählt zwei der Ladies, die tanzen, als ihre bevorzugten Objekte aus. Die eine ist eine dunkle Schönheit in der Blüte der Fraulichkeit – die Ehefrau des Ersten Lieutenants Crayford der Wanderer. Die andere ist ein junges Mädchen, blass und zierlich; schlicht in weiß gekleidet, mit keiner Zierde auf ihrem Haupt außer ihrem eigenen herrlichen, braunen Haar. Dies ist Miss Clara Burnham – eine Waise. Sie ist Mrs. Crayfords liebste Freundin, und sie soll bei Mrs. Crayford bleiben während der Abwesenheit des Lieutenants in den arktischen Regionen. ImAugenblick tanzt sie mit dem Lieutenant persönlich als Partner, und mit Mrs. Crayford und Captain Helding (Kommandierender Offizier der Wanderer) als vis-à-vis – im Klartext, als gegenüberstehendes Tanzpaar. Die Konversation zwischen Captain Helding und Mrs. Crayford, in einer der Pausen des Tanzes, dreht sich um Miss Burnham.


Der Captain ist überaus interessiert an Clara. Er verehrt ihre Schönheit, doch er betrachtet ihr Verhalten als – für ein junges Mädchen – seltsam ernst und gebändigt. Ist sie von schwächlicher Gesundheit? Mrs. Crayford schüttelt den Kopf; seufzt geheimnisvoll; und antwortet »Von sehr schwächlicher Gesundheit, Captain Helding.« »Schwindsüchtig?« »Nicht im geringsten.« »Ich bin froh, das zu hören. Sie ist ein bezauberndes Wesen, Mrs. Crayford. Sie interessiert mich unbeschreiblich. Wenn ich nur zwanzig Jahre jünger wäre – vielleicht (da ich nicht zwanzig Jahre jünger bin) sollte ich den Satz besser nicht beenden? Ist es indiskret, meine verehrte Lady, mich zu erkundigen, was mit ihr los ist?« »Es könnte indiskret sein, von Seiten eines Fremden«, sagte Mrs. Crayford. »Ein alter Freund wie Sie darf jegliche Erkundigung einziehen. Ich wünschte, ich könnte Ihnen sagen, was mit Clara los ist. Es ist selbst den Ärzten ein Rätsel. Einiges von dem Unheil ist, meiner bescheidenen Meinung nach, der Art und Weise zuzuschreiben, wie sie erzogen worden ist.« »Ay! ay! Eine schlechte Schule, vermute ich.« »Sehr schlecht, Captain Helding. Aber nicht von der Art Schule, die Sie in diesem Moment im Sinn haben. Ihre frühen Jahre hat Clara in einem einsamen, alten Haus in den Highlands von Schottland verbracht. Die ungebildeten Leute um sie herum waren die Leute, die das Unglück angerichtet haben, von dem ich soeben gesprochen habe. Sie füllten ihren Verstand mit Aberglauben, die im wilden Norden noch immer wie Wahrheiten respektiert werden – besonders der Aberglaube, der das Zweite Gesicht genannt wird.« »Du meine Güte!« rief der Captain, »Sie wollen doch nicht etwa sagen, dass sie an ein Zeug wie das glaubt? Noch dazu in diesen aufgeklärten Zeiten!« Mit einem spöttischen Lächeln schaute Mrs. Crayford auf ihren Tanzpartner. »In diesen aufgeklärten Zeiten, Captain Helding, glauben wir lediglich an Tanztafeln und an Nachrichten, die aus der übrigen Welt geschickt werden durch Kräfte, die nicht zaubern können! Zum Vergleich mit solchen Aberglauben wie diesen hat doch sicher sogar das Zweite Gesicht etwas – in Gestalt der Dichtkunst – das zu befürworten wäre? Beurteilen Sie selbst«, fuhr sie ernst fort, »die Auswirkung solcher Umgebungen, wie ich sie beschrieben habe, auf ein zartes, sensitives junges Wesen – ein Mädchen mit einem von Natur aus phantasievollen Gemüt, das ein einsames, vernachlässigtes Leben führt. Ist es so sehr überraschend, dass sie von dem Aberglauben um sie herum angesteckt werden sollte? Und ist es völlig unbegreiflich, dass ihr Nervensystem folglich leiden sollte, in einem äußerst kritischen Zeitabschnitt ihres Lebens?« »Überhaupt nicht, Mrs.

Crayford – überhaupt nicht, Ma’am, so wie Sie es ausdrücken. Dennoch ist es ein wenig erschreckend für einen gewöhnlichen Mann wie mich, einer jungen Lady zu begegnen, die an das Zweite Gesicht glaubt. Behauptet sie wirklich, in die Zukunft zu schauen? Soll ich es so verstehen, dass sie wahrhaftig in eine Trance fällt, und Menschen in fernen Ländern sieht, und Ereignisse voraussagt, die kommen werden? Das ist das Zweite Gesicht, nicht wahr?« »Das ist das Zweite Gesicht, Captain. Und das ist wirklich und wahrhaftig, was sie tut.« »Die junge Lady, die uns gegenüber tanzt?« »Die junge Lady, die uns gegenüber tanzt.« Der Captain wartete ein wenig – er ließ die neue Flut von Informationen, die auf ihn eingeströmt war, sich in seinem Verstand festsetzen. Als dieser Prozess vollendet war, setzte der Erforscher der Arktis entschlossen seinen Weg zu weiteren Entdeckungen fort. »Darf ich fragen, Ma’am, ob Sie sie jemals mit eigenen Augen in einem Zustand der Trance gesehen haben?«, erkundigte er sich.

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