Von vielen Seiten durch Freunde und Bekannte, wie auch von mehreren Köchen selbst, dazu aufgefordert, übergebe ich hiermit ein Werk der Oeffentlichkeit, welches trotz des schon mannigfach bearbeiteten Feldes der gastronomischen Literatur, dennoch sowohl durch Inhalt und Behandlung des vermehrten Materials, wie auch durch dessen entsprechende Ausstattung und allgemein faßlichen Vortrag, als eine neue Erscheinung im Gebiete der höheren Kochkunst erkannt werden dürfte. Die ganze Lebensstellung des Verfassers, verbunden mit einem längeren Aufenthalte in Malta, Griechenland, Sicilien, Italien und Paris, möge dem betheiligten Publikum Bürge sein, daß es ein auf langjährige praktische Erfahrungen gestütztes Werk erhalte, welches, wo immer zu Rathe gezogen, schwerlich unbefriedigt aus der Hand gelegt werden wird. Denn nicht nur der höheren Kochkunst, auch der bürgerlichen Küche ist volle Rechnung getragen und der angehende Koch, der Gastwirth, wie die Hausfrau werden unter den mannigfaltigen Behandlungsarten desselben Gegenstandes auch diejenige finden, welche sie ihren Verhältnissen angemessen erachten. Durch die gewählte Einteilung soll sowohl der reichhaltige Stoff mehr systematisch geordnet und die leichtere Auffindung der verschiedenen Rezepte erzweckt, als auch zeitraubende Wiederholungen vermieden werden. Es wird hiedurch anschaulich gemacht, aus welch‘ mannigfaltige Arten man jeden der Kochkunst zu Gebote stehenden Gegenstand in feinster oder minderer Weise behandeln und zu einer schmackhaften und gesunden Speise zubereiten kann, während im Gegensatze bei fehlerhafter Verwendung auch der besten Materialien und feinsten Ingredienzen, nur ein degoutirendes, selbst der Gesundheit schadendes Gericht erzeugt wird. Um aber die unbedingt nothwendige Beurtheilung und Auswahl vorzüglichen Materials zu ermöglichen, sind bei den meisten Gegenständen die nöthigen Andeutungen vorausgeschickt, welche die besonderen Merkmale und Kennzeichen hervorheben, so daß jede Täuschung leicht vermieden werden kann. Somit glaubt der Unterzeichnete das weite Gebiet der modernen Kochkunst nach allen Seiten hin möglichst erschöpfend, und neben Gesundheit und Wohlgeschmack dennoch zweckmäßige Ersparung in’s Auge gefaßt zu haben, so daß, ohne in weitere Details einzugehen, die Beurtheilung des Werkes getrost dem sachverständigen Publikum anheimgibt. Der Verfasser Von der Gastronomie (Feinschmeckerei). Die Gastronomie ist die wissenschaftliche Kenntniß alles dessen, was zum Menschen, insoweit es dessen Ernährung betrifft, in Beziehung steht. Ihr Zweck ist: über die Erhaltung des Menschen zu wachen und ihm die möglichst beste Nahrung zu verschaffen. Sie erreicht diesen Zweck, indem sie nach festgesetzten Grundsätzen diejenigen leitet, welche die Dinge aufsuchen, liefern und zubereiten, die in Nahrungsmittel verwandelt werden können. In Wahrheit setzt also diese Wissenschaft alle Ackerbauer, Weinbauer, Fischer, Jäger, sowie die zahlreichen Köche in Bewegung, mit welchem Namen sie auch das Amt oder den Stand bezeichnen, durch welchen sie zur Bereitung der Nahrungsmittel in Beziehung stehen. Die Gastronomie hat daher Beziehungen 1. zur Naturgeschichte, 2. zum Handel, 3. zur Chemie und 4. zur Staatswirthschaft, wie selbst zur Küche durch die Kunst, die Speisen zu bereiten und dem Geschmacke angenehm zu machen. Die Gastronomie beherrscht das ganze Leben, denn die Thränen der Neugebornen verlangen die Brust der Mutter, und der Sterbende schlürft noch hoffnungsvoll den letzten Trank, den er leider nicht mehr verdauen soll. Sie beschäftigt sich auch mit allen Ständen der Gesellschaft, und wie sie die Feste der Könige bei ihren Versammlungen leitet, ebenso hat sie auch die Zahl der Minuten berechnet, welche nöthig sind, ein Ei zu sieden. Die Gastronomie berücksichtigt Menschen und Dinge, um alles Kennenswerthe von einem Lande zum andern zu bringen, so daß ein kunstreich geordnetes Mahl gleichsam ein Abriß der ganzen Welt ist, wo jedes Land in vortheilhaftester Weise repräsentirt wird. Die gastronomischen Kenntnisse sind allen Menschen nöthig, insofern alle die Summe des Vergnügens, die ihnen bestimmt ist, zu vermehren streben. Die Nützlichkeit dieser Kenntnisse nimmt zu im Verhältniß zum Range, den man in der Gesellschaft behauptet, und sie sind unumgänglich nothwendig für diejenigen Reichen, welche viele Gäste bei sich empfangen, welchen sie nun entweder ihrer Stellung wegen, oder ihrer Neigung folgend, oder der Mode gehorchend unbedingt repräsentiren müssen. Diese haben noch den besonderen Vortheil, daß bei der Haltung ihres Tisches ein persönliches Element hinzukommt, welches bis zu einem gewissen Punkte die Männer des Zutrauens überwacht und bei vielen Gelegenheiten ihnen nützliche Winke gibt. Die Gastronomie hat auch einen großen Einfluß auf die Geschäfte. Diese Beobachtung ist denen nicht entgangen, welche häufig die größten Interessen zu behandeln haben.
Man fand, daß der satte Mensch nicht der gleiche Mensch sei wie der hungrige; daß die Tafel ein gewisses Band um den Wirth und die Bewirtheten webt! daß das Essen die Gäste für gewisse Einflüsse zugänglicher und empfänglicher macht. Daraus entstand die politische Gastronomie. Mahlzeiten sind ein Regierungsmittel geworden; das Loos der Völker wird oft bei einem Festessen geworfen, dafür sprechen in neuester Zeit auch Thatsachen. Dieß ist, einem flüchtigen Ueberblick zufolge, das Gebiet der Gastronomie, ein Gebiet reich an Erfolgen jeder Art, das nur noch durch die Arbeiten und Entdeckungen der Gelehrten vergrößert werden kann; denn ich glaube sicher, daß die Zeit nicht mehr fern liegt, wo die Gastronomie ohne Zweifel ihre Akademiker, Vorlesungen, Professoren und Preisvertheilungen haben wird.
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