| Books | Libros | Livres | Bücher | Kitaplar | Livros |

An der Indianergrenze – Armand Strubberg

Der nächtliche Reiter. – Das Lager der Lepan-Indianer. – Der Häuptling Wallingo. – Die Indianerin. – Der verschmähte Liebhaber. – Die Beratung. – Die Zusammenkunft. – Der Abschied. – Farnwald. – Die Ansiedlung. Der Mond stand hoch an dem, mit funkelnden Sternen übersäten Himmel, nur einzelne leichte durchsichtige Wölkchen zogen perlenweiß, wie Schwäne unter ihm hin und schienen von Zeit zu Zeit schmeichelnd an seinem hell glänzenden Antlitz vorüberzugleiten, ohne es zu wagen, dasselbe auch nur für Augenblicke zu bedecken und das beinahe tageshelle Licht, welches er still und friedlich auf die südwestlichen Gebirgsgegenden Amerikas goss, zu trüben. Von seinem Silberlicht beschienen, lenkte ein Reiter sein schneeweißes Pferd durch das lose umher liegende Granitgeröll eines Tales, welches sich ostwärts nach einem der mächtigen westlichen Ströme Amerikas, die ihre Fluten dem Golf von Mexiko zuführen, hin wand Der Reiter, obgleich in Gedanken versunken, schien dem ungeachtet seine Blicke und sein Gehör in größter Tätigkeit zu erhalten, denn er sah häufig um sich, hob oft die Hand über die Augen, um schärfer durch das Mondlicht in die Ferne spähen zu können, und hielt manchmal plötzlich den eiligen Schritt seines Rosses an, um irgend einem fernen Ton zu lauschen, der sein Gehör berührt hatte. Er war ein schlanker, kräftiger junger Mann, dessen Äußeres die Stellung in der menschlichen Gesellschaft verriet, welcher er jetzt angehörte. Er war ein Mann von der äußersten Frontière, von der Grenze der Zivilisation Nord-Amerikas, war in Hirschleder gekleidet, trug ein Paar Revolver in dem Gürtel um den Leib, ein langes Jagdmesser an der Seite und eine Doppelbüchse schaukelnd vor sich auf dem Sattel. Der lange schwarze Bart und der schwarze Filz, dessen breiter Rand sein Gesicht überschattete, gaben seiner Erscheinung fast etwas Finsteres, im Widerspruch damit standen jedoch die Liebkosungen, die er seinem Pferde durch Klopfen und Streichen mit der Hand zukommen ließ, und die freundlichen Worte, die er einem ungewöhnlich großen gelben Hunde, der vor ihm hin rannte und von Zeit zu Zeit zu ihm zurückkehrte, zurief. Der Namen dieses Reiters war Farnwald. »Ho ho, war recht mein alter Kerl! Ist die Luft dort vor uns rein? Dahin, dahin, Joe!« sagte er zu dem ungeheuren Bluthund, wenn derselbe vor dem Pferde in die Höhe sprang, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, und winkte ihm dann mit der Hand vorwärts, worauf das schöne Tier wieder dahin sauste und bald in der Ferne vor dem Blicke seines Herrn verschwand. Dann sprach der Reiter seinem Hengst wieder freundlich zu und ermunterte ihn in seinem Schritt, denn das viele lose Gestein, welches den Boden hier bedeckte, ließ keine größere Eile zu, so sehr Farnwald sie auch wohl von dem Tiere gewünscht hatte. Zu beiden Seiten dieses steinigen Grundes zogen sich Striche dichten hohen Waldes im Tal entlang, aus deren dunklen Purpurmassen einzelne schlanke Palmen ihre riesenhaften Stämme hervor streckten, über denen die fächerartigen Kronen in der leichten kühlen Nachtluft rauschten, während die Berge, zwischen welchen das Tal sich gebildet hatte, steil und schroff aufstiegen und deren glitzerndes Gestein in dem Mondlicht glänzte. Über eine kurze mit Gras überwachsene Strecke hin war das Pferd in Trab gefallen, als sein Reiter es plötzlich im Zügel zurück riss und in demselben Moment, seine Büchse über dessen Kopf erhebend, nach einer dunklen Gestalt hinblickte, die aus dem Walde von seiner linken Seite hervortrat. Das Pferd stand imAugenblick unbeweglich und Farnwald spähte starr mit verhaltenemAtem nach der Richtung hin, in welcher die Gestalt jetzt hinter großen Felsblöcken verschwunden war; doch wenige Augenblicke später senkte er ruhig die Büchse, spannte sie ab und legte sie wieder vor sich auf den Sattel. Es war ein schwarzer Bär, der nun hinter dem Gestein hervortrat und nach dem hin der Hengst aufmerksam seine Ohren spitzte. »Alter Bursche, mach dass du fortkommst,« sagte Farnwald zu dem kaum vierzig Schritt vor ihm vorüberziehenden Bär, der sich erschrocken nach dem Reiter umwendete, und dann in einem schwerfälligen Galopp eilig dem Walde gegenüber zu floh Bald war es ein vorüberziehender Hirsch, bald ein davon eilender Büffel, bald der rasch auf der Erde schwebende schwarze Schatten eines über ihn hin fliegenden Uhus, der den Reiter für Augenblicke in seinem Ritt aufhielt, doch desto eiliger trieb er dann gleich wieder sein Pferd in westlicher Richtung vorwärts dem sehr engen Passe zu, in welchem sich das Tal zusammendrängte und wo die Felsen sich kahl und schroff nahe gegenüberstanden. Am Eingänge dieses schmalen Durchgangs erwartete Joe, der Bluthund, seinen Herrn und sah, seine mächtige Rute hin und her schlagend, zu ihm auf, als wolle er sich neue Befehle von ihm holen. »Hin, hin, mein Joe!« rief Farnwald dem treuen Tiere zu, indem er mit der Hand vorwärts winkte, dann einen seiner Revolver aus dem Gürtel zog, ihn spannte und, die Zügel seines Hengstes verkürzend, dem einige hundert Schritte voran geeilten Hunde im Galopp in den Engpass hinein folgte.


Wohl eine halbe Meile lang wand sich die Schlucht durch die Felsen hin und her, bis sie sich plötzlich in ein unabsehbar weites Tal öffnete, hinter dem in nebeliger Ferne die Gebirgszüge der Kordilleren sich wie schweres Gewölk in duftig verschwommenen Konturen zum Himmel aufürmten und ihre hell im Mondlicht glänzenden Eiskuppen über sich erhoben. Hier erwartete der Bluthund abermals seinen Herrn, der jetzt sein Pferd anhielt und aufmerksam durch das weite flache Tal vor sich hin spähend, nach irgend einem fernen Tone zu horchen schien. Doch eine Totenstille lag auf der weiten Landschaft, kein Laut ließ sich hören, selbst das Heulen jagender Wölfe nicht, welches während der Nächte in diesen Ländern nur selten verstummt. Nach einer Weile unbeweglichen Spähens und Lauschens steckte Farnwald den Revolver wieder in den Gürtel, winkte Joe seitwärts durch das üppige Gras nach einer hohen Baumgruppe hin die sich in einiger Entfernung daraus erhob, und, als ob der Hund diesen Weg schon oft gewandert sei, sprang er in lustigen Bogensätzen dem bezeichneten Wäldchen zu, in dessen dunklen Schatten er bald darauf verschwand, während sein Herr ihm langsam nachfolgte. Auch dieser hatte das Gehölz bald erreicht, durchritt den silberhellen Bach, der sich vor demselben hinschlängelte, stieg von dem Hengst, und leitete ihn durch die dichten Massen von riesenhaften Aloen, Kakteen und anderen Stachelpflanzen, die dasselbe umgaben, in das Innere des Dickichts auf einen kleinen Grasplatz, wo er dem Pferde die Zügel auf dem Nacken zusammen band und es, den Hals ihm klopfend, sich selbst überließ. Die Büchse hatte er an den silbergrauen Stamm einer Magnolie gestellt, auf welchem einzelne helle Flecken des Mondlichtes mit der Bewegung des rauschenden dunklen Laubes über ihm zitterten, dann schritt er zurück durch die Öffnung zwischen den Stachelpflanzen, die durch Menschenhand erzeugt war, wie links und rechts liegende abgehauene verwelkte Reste solcher Gewächse andeuteten, trat, dem Bach folgend, hinaus in das Mondlicht, und sandte seine Blicke über die weite Grasfläche. Etwa drei Meilen weiter westlich, nahe an einem wild schäumenden kristallklaren Fluss, überdacht von uralten Platanen, Expressen, Magnolien und Palmen, standen wohl fünfzig weiße, von Büffelleder verfertigte große Zelte in den Waldstreifen, der dessen Ufer bedeckte, hinein gedrängt, und vor ihnen flackerten helle Feuer, die das Dunkel aus ihrer Umgebung verdrängten und das saftige frische Grün des Laubes, so wie die wundervollen Blumen, die in mannigfachen Farben aus ihm hervor sahen, magisch beleuchteten. Es war das Lager eines Stammes von Lepan-Indianern, eines der kriegerischsten wilden Völker, die diese paradiesisch schönen Länder als ihr, bis jetzt noch nicht von den Weißen bestrittenes, Eigentum durchzogen. Nur östlich des Stromes, in dessen Nähe Farnwald wohnte, waren die weißen Ansiedler sehr einzeln selbst bis an dessen Ufer vorgedrungen, doch westlich war noch keine einzige Hütte von ihnen aufgeschlagen worden. Jäger wagten sich wohl in diese Gegenden, die sie als Feindes Land betraten; denn die roten Urbewohner derselben verfolgten und hetzten sie als Vorläufer der Weißen, gleich wie wilde Raubtiere Um die Feuer herum lagerten die braunen Gestalten vieler dieser Indianer, auf Tierhäuten hingestreckt, andere saßen vor den Eingängen der Zelte, und Kinder rannten, sich jagend und spielend, hin und her. Während sich die Männer einer vollkommenen Ruhe hingegeben hatten, rauchten, ober zuweilen eine wortkarge Unterhaltung untereinander führten, waren die bei weitem zahlreicheren Frauen und Mädchen beinahe sämtlich noch tätig Viele derselben beschäftigten sich mit Zubereiten von Tierhäuten, andere verfertigten aus gegerbten Fellen Anzüge für sich, oder für die Männer, bemalten solche mit bunten grellen Farben, oder verzierten sie mit blitzenden Steinen und Muscheln, während wieder andere Wildbret an Stöcken über Kohlen rösteten. Bei dem Feuer vor dem größten und auch am schönsten geschmückten Zelte, welches das Wallingos, des Häuptlings dieses Stammes war, lag dieser auf einer glänzend bunt gefleckten Jaguarhaut hingestreckt, und neben ihm im Kreise um die flackernden Flammen ruhten eine Menge alter Krieger, die großes Interesse an der nun begonnenen Unterhaltung zu nehmen schienen, welche von ihnen augenblicklich mit dem Häuptling gepflogen wurde. Nur wenige Schritte seitwärts von dieser Gruppe in dem Schatten einer dicht belaubten roten Ulme stand ein Mädchen von siebzehn Jahren, beschäftigt, aus Lederstreifen, die an einem Ast über ihr angebunden waren, einen Lasso zu flechten. Es war Owaja, die Enkelin des Häuptlings und zugleich seine Pflegetochter, deren Vater, der Sohn Wallingos, schon vor Jahren bei einem Angriff, den die Lepans auf eine Niederlassung der Weißen gemacht hatten, von diesen erschossen worden war. Sanft, freundlich und liebenswürdig, wie sie war, wurde sie von Alt und Jung in dem Stamme geliebt, die Mädchen schlossen sich ihr herzlich an, denn sie war eine treue, hilfreiche Freundin und in deren fröhlichen Zusammenkünften war sie das belebende Element, die Frauen waren ihr alle liebevoll zugetan, weil sie es verstand, sich durch tausenderlei Aufmerksamkeiten und kleine Dienste ihnen stets angenehm zu machen; die Männer hatten sie wegen ihrer munteren Laune und ihrer Scherze gern um sich und ihre ungewöhnliche Schönheit machte die Jünglinge sämtlich zu ihren Verehrern.

.

PDF Herunterladen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

PDF • Kostenlose eBooks © 2020 | Free Books PDF | PDF Kitap İndir | Baixar Livros Grátis em PDF | Descargar Libros Gratis PDF | Telecharger Livre Gratuit PDF |